Pavel Laška - Leben und Werk

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Pavel Laška (1907-1983) gehört zu der Generation, deren eigenständige Laufbahn um 1930 begann. Seine Ausbildung zum Maler erhielt er in den Jahren 1925-1931 an der Akademie der bildenden Künste in Prag. Sein Schaffen bewahrte während der gesamten Zeit, von den dreißiger bis in die achtziger Jahre, den Charakter individueller künstlerischer Leistung und passte sich nie einer bereits bestehenden Anschauung, einem Stil oder einer Richtung an. Es stand jedoch ständig in Verbindung mit der Entwicklung der tschechischen und der internationalen Kunst. Anfangs war für Pavel Laška das Werk von Pablo Picasso und Henri Matisse als Inspirationsquelle von Bedeutung, später dann auch die Malerei František Kupkas. Um die Jahreswende 1964/65 gaben ihm auch das Schaffen der amerikanischen Maler Jackson Pollock, Barnett Newman und Mark Rothko ein Reihe von Impulsen. Von 1933-1967 war er als Lehrer an einigen weiterführenden Schulen tätig, zuerst in Südböhmen und ab 1948 in Prag. Infolgedessen enthalten seine Bilder jene "Wahrhaftigkeit des Schaffens aus einem inneren Bedürfnis heraus" (M. Lamaè). Diese Eigenschaft verband ihn mit einigen großen Persönlichkeiten der tschechischen Malerei, die er am meisten schätzte. Zu diesen gehören vor allem Jan Zrzavý, František Tichý, Josef Šíma und František Hudeèek. Anlässlich der letzten Ausstellung seines Gesamtwerks 1982, also noch zu Laškas Lebzeiten, äußerte der namhafte tschechische Kunstkritiker Miroslav Lamaè, dass "viele seiner Bilder zu den bedeutenden Werken der tschechischen Malerei nach dem zweiten Weltkrieg gehören und in ihrer Aufrichtigkeit wie auch in ihrer künstlerischen Qualität den Arbeiten von Malern mit weitaus klangvolleren Namen gleichkommen" und dass "er nie zögerte eine schon errungene Anschauung aufzugeben, aus der er bequem hätte Nutzen ziehen können, dass er für alles Neue offen blieb und in einer Zeit Neuland betrat, in der andere seines Alters längst alle Risiken aufgegeben hatten und nur das einmal Erreichte wiederholten und vermehrten ...".
   Gleich die ersten Bilder von 1931, die Pavel Laška als Erinnerung an einen Aufenthalt in Dinard an der bretonischen Küste malte, zeugen davon, dass sich der junge Maler für seine künstlerische Laufbahn eine Art persönliche Aufgabe gestellt hatte. Diese verfolgte mehrere Ziele: die konventionelle Wahrnehmung der Wirklichkeit und Malweise zu vermeiden und darauf zu achten, dass der Inhalt des Werks irgendeiner bedeutenden Erfahrung, einer tieferen emotionalen Erkenntnis und wahrhaftem Gefühl entspricht. Er bemühte sich auch immer von neuem "von Anfang an", für diesen Inhalt freie Formen, Farben und Linien zu finden, die ihn überzeugend zum Ausdruck brächten. Er wollte dabei von keinem vorgegebenen Stil ausgehen und diesem den Inhalt seines Werks anpassen. Pavel Laškas Schaffen der dreißiger Jahre gehört somit nur lose in den breiteren Rahmen des ausklingenden lyrischen Kubismus. Später berührt es auch den Surrealismus, der in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre die bedeutendste Ausdrucksform der tschechischen Kunst war und die dramtische Zeit widerspiegelte.
   Ein wesentliches Kapitel bildet Laškas Schaffen aus den vierziger Jahren. Nach einer Serie von Arbeiten, in denen er mit deutlich lesbaren bildhaften Allegorien auf die Okkupation reagierte, schuf er eine Reihe von Gemälden, die irgendeine, meistens dramatische Begebenheit in der Landschaft zum Thema haben. Um diese zum Ausdruck zu bringen, entwickelte er eine individuelle Art und Weise von Malerei, die auf einem wirkungsvollen Prinzip des ikonenhaften Zeichens für Landschaft und Landschaftselemente sowie für in die Landschaft gesetzte Gegenstände und manchmal auch Menschen beruht. Um eine stärkere emotionelle Wirkung zu erzielen, verwendete Laška in der Bildkomposition absichtlich ein Kontrastelement - ein irgendwie fremdes Element. Das kann ein einzelner strukturierter Farbfleck sein oder eine auffallend gemalte Form, die im Vergleich zu der sonstigen Malerei eine gewisse Aggressivität ausstrahlt Solche Bilder waren Laškas persönlicher Beitrag zur tschechischen Landschaftsmalerei der vierziger Jahre, die in ihrem Ausdruck recht gut in die bedrückende Atmosphäre dieser Zeit hineinpassen. Dank seines ausgeprägten Empfindens für die inhaltliche Bedeutung und die emotionelle Wirkung der einzelnen Farben verstand er es, diese Atmosphäre deutlich darzustellen. Frische, ungewöhnliche und wirkungsvolle Farbkompositionen sind ein weiterer charakteristischer Zug, mit dem sich Laškas Schaffen auszeichnet.
   Nach 1948, als der Staat die Ästhetik des sozialistischen Realismus propagierte, zog sich Pavel Laška wie viele andere Künstler mit dem eigenen Schaffen in die Privatsphäre zurück. Mit kleinen Stillleben- und Landschaftsstudien erprobte er die neuen Möglichkeiten moderner Kunstmittel. Eine Neubelebung im Schaffen trat erst Ende der fünfziger Jahre ein. In der unübersichtlichen Situation, die damals vom Bedürfnis hervorgerufen wurde, sich rasch mit den neuen Tendenzen in der westlichen Kunst auseinanderzusetzen, über die es zudem nur wenige unzusammenhängende Informationen gab, wandten sich die Künstler meistens der Natur und der sinnlich wahrgenommenen Wirklichkeit zu. In der Art und Weise ihrer Gestaltung setzte sich am stärksten eine expressive Deformation von Formen und Farbgebung durch, die schnell zur freien Sprache der Mittel der künstlerischen Form an sich führte. Diese konnten dann bald einer ganzen mannigfaltigen Skala der Ausdrucksweisen von Reaktionen des Menschen auf seine Umwelt dienen. Die nachfolgende Generation junger Künstler, die mit Erfahrungen in der Kunst weniger vorbelastet war, eignete sich die neu entdeckten Tendenzen der westlichen Kunst - des Informels, der Abstraktion der Pariser Schule der fünfziger Jahre - rascher an und identifizierte ihre Lebenswahrnehmungen und -bedeutungen mit deren Sprache. Pavel Laška gehörte zur Generation der reifen Künstler und konnte die Formpropleme dem authentischen Inhalt nicht vorziehen. Die Welt war, wie er sie wahrnahm, voller Unruhe und verursachte ein Gefühl von latenter Bedrohung und mäßigem Chaos. Zur Verdeutlichung solcher Dinge bediente sich Laška auf originelle Weise mehrmals der expressiven Form und des gestischen Schwungs, verwendete jedoch häufiger das Prinzip des farbigen Kontrasts. Es handelt sich oft auch um den Gegensatz zwischen dem schwarzen und dem weißen Teil einer Fläche oder um den Kontrast einer schwarz-weißen, bedrohlichen "fremden" Form zur übrigen Farbfläche, die zum Zeichen der Anwesenheit von Menschen eine Stadt enthielt, eine Stadt, die mit einem Meander von gebrochenen Linien symbolisiert wurde. Die Wahrnehmung der Einheit der Welt mit Hilfe einiger ihrer Mikroteile, wie es zum Beispiel ein Stillleben sein kann, setzt die Fähigkeit voraus, den irrationalen Inhalt der Ausdrucks-, Farb- und Form"deformation" eines bestimmten dargestellten Gegenstands intuitiv zu begreifen. In Richtung einer solchen Komposition ging Laškas Stillleben mit der eigenartigen, an Matisse erinnernden Monumentalität der Farbintonation oder es erreichte sie mit der allmählichen Vereinfachung der expressiven Form bis hin zum fast abstrakten farbigen Symbol, wie es beim Zyklus Wald Plakánek der Fall ist.
   Die tschechische Kunst machte sich in den Jahren 1960-1964 das ganze Ausmaß der Ausdrucksmittel der damaligen modernen europäischen Kunst zu Eigen. Damit war sie imstande, sich aktiv an der Auseinandersetzung in aktuellen Fragen der Kunst weltweit und am künstlerischen Erkennen der Welt in ihrer Komplexität zu beteiligen. Hierher gehört auch der persönliche Beitrag des Schaffens von Pavel Laška. In seinem Schaffen aus der Mitte der sechziger Jahre kommt im Gegensatz zu der ansonsten dramatischen Lebenserfahrung nach und nach ein freundlicheres Antlitz der Welt zum Vorschein. In den Bildern dieser Zeit steigert sich die dymamische Form zu einer ungewöhnlichen Intensität. Bei der Komposition des Raumrasters der Farbfelder ist darüber hinaus, vor allem bei einigen Bildern des "ländlichen" Zyklus, die Möglichkeit des farbigen Kontrasts perfekt genutzt, Emotionen und poetische Vorstellungen hervorzurufen. Bei einigen von ihnen klingt - was in der tschechischen Kunst selten ist - entfernt das Beispiel Paul Klees an. In diesen Bereich gehören auch die bedeutenden Bilder der Krieger / GMU und Geheimnisvoller Garten. In den Bildern Nachmittag eines Fauns und Zusammenstoß wird die Dringlichkeit der Bildaussage mit Hilfe einer individuellen Auffassung des abstrakten Expressionismus erreicht. In dieser Zeit wächst Laškas Werk auch quantitativ. 1962 organisiert er die erste Nachkriegsausstellung mit Bildern aus den Jahren 1942-1962 und 1965 eine Retrospektive mit Werken aus der Zeit von 1930-1965, die sein ehemaliger Schüler und späterer Freund, der namhafte Historiker und Kritiker moderner Kunst, Jiøí Padrta konzipiert hatte. Im bisherigen Werk Pavel Laškas waren zahleiche Voraussetzungen und potentielle Werte enthalten, die erst nach 1965 zur Entfaltung kamen. Es handelte sich insbesondere um ein tiefes Empfinden für Farbwerte, für die Bedeutung von Geometrie in der Komposition der elementaren Bildflächen und um die althergebrachte Auffassung des Bilds als eigenständiges Objekt. Im inhaltlichen Bereich war es vor allem das Verständnis von Dingen und Erscheinungen im Rahmen der großen Weltbewegung.Zur Realisation neuer Gedanken kam es im Zusammenhang mit dem Besuch zweier bedeutender Ausstellungen, die 1964 stattfanden - der "Documenta III" in Kassel und der amerikanischen Malerei in Gent. Eine ganze Reihe von Pavel Laškas Bildern aus der zweiten Hälfte der sechziger Jahre gehört zu den bedeutenden Werken der tschechischen Malerei, vor allem seine Kompositionen mit Reliefflächen, die auf einem weich geometrisch strukturierten Muster beruhen, deren tieferer Inhalt das Auffinden der großen "klassischen" Ausgewogenheit und Harmonie mit Hilfe einer modernen Sensibilität war. In ihrer Zeit sind es die in der tschechischen Kunst ganz einzigartigen Bilder mit farbigen Feldern, die die persönliche schöpferische Interpretation "philosophischer" Abstraktionen darstellen, deren Hauptvertreter Barnett Newman und Mark Rothko waren. In diesen Bildern berührt Laška die absoluten Werte einer intuitiven Erkenntnis der Einheit der Welt, und zwar mit einer Form, die ein "neues dichterisches Staunen" (J. Padrta) widerspiegelt. In den Jahren 1969-1970 wurde Laškas Schaffen zu Recht in den Komplex der tschechoslowakischen modernen Kunst für die internationale Ausstellung in Italien (Bologna), in der Bundesrepublik Deutschland (Berlin) und in Jugoslawien eingereiht. In seiner letzten Schaffensperiode Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre brachte Laška die freie dichterische Imagination zur Geltung, mit der er sich überwiegend zur Landschaft seiner Kindheit zurückwandte. Betrachten wir heute die Ergebnisse von Laškas fünfzigjährigem Schaffen und seine Stellung innerhalb der gesamten tschechischen Kunst objektiv, so gehört er für uns zu der Gruppe von Malern, die es trotz der engen Verbindung mit den aktuellen Problemen der Zeit fertigbrachten, ihre individuelle Linie zu bewahren. Der Prozess innerer Wandlungen und Richtungsänderungen in Laškas Werk gehört zu der wichtigsten Entwicklungsbewegung der tschechischen Kunst 1930-1980, die er darüber hinaus mit seinem individuellen und originellen Beitrag bereichert hat.

Übersetzung Peter Zieschang